13.Juli 2001
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy

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Presseerklärung

China verschärft Anti-Dalai-Lama Kampagne

Lhasa, die Hauptstadt des von China besetzten Tibets, erlebte dieses Jahr erneute Einschränkungen am Tag des seit alters her traditionell gefeierten Trunglha Yarsol, dem Geburtstag des Dalai Lama. Die chinesischen Behörden verteilten als Teil verschiedener restriktiver Maßnahmen offizielle Merkblätter über die Gesetzwidrigkeit des Trunglha Yarsol, stießen Drohungen aus und nahmen zwei Tage vor dem betreffenden Datum willkürlich Tibeter fest und sperrten sie ein.

Ein Zirkular mit Titel "Rigorose Unterbindung der illegalen Aktivitäten der Trunglha Yarsol Feiern und Wahrung der sozialen Stabilität", das von der chinesischen Regierung am 24. Juni 2001 herausgegeben wurde, hebt den bisherigen Erfolg bei der Zügelung derartiger Geburtstagsfeiern hervor und bekräftigt das Verbot solch "illegaler Verrichtungen" auch für die Zukunft.

Wie verlautet, wurden alleine aus der Region Lhasa Hunderte von Tibetern am 4. Juli 2001 kurzzeitig festgenommen unter dem Vorwand der "Schlag-hart-zu" Kampagne, die seit April wieder in vollem Schwung ist. Die Mehrheit dieser Tibeter werden wegen angeblicher politischer Neigungen verdächtigt, aber nicht "krimineller Delikte" wegen, welche ja die eigentliche Zielscheibe der Kampagne darstellen. "Die willkürliche Natur dieser Festnahmen zeigt nicht nur, wie besessen der Staat ist, potentielle politische Meinungsäußerungen während des Geburtstages zu unterbinden, sondern auch, wie die chinesische Regierung die religiöse Freiheit der Tibeter mit Füßen tritt, indem sie ihren Glauben an ihre überlieferte Religion unterdrückt", erklärte Lobsang Nyandak Zayul, Leiter des TCHRD.

Das Zirkular, das sich brüstet, normale religiöse Tätigkeiten würden garantiert und die religiöse Freiheit geschützt, enthält eine dieser Behauptung zuwider lautende Verfügung, die kategorisch jeder Einzelperson oder Organisation die Begehung des Trunglha Yarsol verbietet. Verrichtungen wie Rezitieren von Gebeten, Verbrennen von Räucherwerk und das In-die-Luft-Werfen von tsampa (geröstetes Gerstenmehl) während des Geburtstages gelten als gesetzwidrig. Weiter heißt es, daß das Justizministerium und die Abteilung für Öffentliche Sicherheit entsprechend den Richtlinien der VR China über Kontrollmaßnahmen im Bereich der Sicherheit und des Verkehrswesens jene Personen bestrafen werden, die der Übertretung des genannten Gesetzes für schuldig befunden werden. Darüber hinaus würde gegen diejenigen, welche diese Order in grober Weise verletzen, scharf vorgegangen gemäß dem Strafgesetz der VR China.

Alljährlich am 6. Juli pflegen Tibeter in Lhasa in dem Trunglha Dorf, Gemeinde Ngachen, Stadt Lhasa, zusammenzukommen, um die Zeremonie der Weihrauchverbrennung auszuführen und tsampa in die Luft zu werfen, was zu der feierlichen Begehung dieses Tages gehört. Wie ein unlängst eingetroffener Flüchtling berichtet, kontrollierte das Sicherheitspersonal von Lhasa dieses Jahr verschiedene für Picknicks geeignete Plätze in der Gegend.

Annähernd 16 tibetische Jugendliche mußten je 500 Yuan Strafe zahlen, als sie bei einem Picknick im Karma Kunsang Park im Süden der Stadt angetroffen wurden. Sie befanden sich gerade auf einem 5-tägigen Picknick-Ausflug, und hatten gar keine Absicht, das Trunglha Yarsol zu feiern. Trotzdem mußten sie ihre Party mittendrin abbrechen und bekamen nicht einmal Quittungen für die Bußgelder ausgestellt.

Dieses Verbot trat am 26. Juni 2000 in Kraft, als das Industrie- und Handelsamt der Stadt Lhasa ein Zirkular mit dem Titel "Kurze Information der Volksregierung der Stadt Lhasa über die Einstellung der illegalen Begehung des Trunglha Yarsol" herausgab. Das Merkblatt erklärte Trunglha Yarsol für gesetzwidrig und untersagte fortan seine Wahrnehmung. Es klagte auch die "Dalai Clique" der "Unruhestiftung in verschiedenen Teilen Tibets an, die unter dem Vorwand solcher Feste wie des Trunglha Yarsol das Mutterland zu spalten versucht". Kopien wurden an alle Klöster, einschließlich der drei großen, Sera, Drepung und Ganden, sowie an Verwaltungsämter, Schulen und regionale Parteikomitees ausgegeben, mit der Betonung, daß insbesondere tibetischen Beamten und Parteimitgliedern die Teilnahme an den "illegalen Aktivitäten" streng verboten sei. Sollte es unerwünschte Zwischenfälle geben, so würden die jeweiligen Ressortchefs zur Verantwortung gezogen, warnte das Zirkular.

Die Behörden schränkten in der betreffenden Zeit die Bewegung von nach Lhasa kommenden Tibetern ein und schikanierten sie verschiedentlich als Vorbeugungsmaßnahme gegen potentielle Akte der "Gefährdung der Staatssicherheit". Im August vorigen Jahres reagierten tibetische Bewohner Lhasas nicht nur scharf auf das Zirkular, sondern setzten sich auch über die offizielle Order hinweg, indem sie die Geburtstagsfeiern für dieses und das folgende Jahr vorbereiteten.

Chinas Tibet-Politik, insbesondere was den Faktor Dalai Lama in der Tibet Frage betrifft, nahm nach dem Dritten Arbeitsforum zu Tibet von 1994 wieder eine härtere Gangart an. Das Forum bezeichnete den Dalai Lama als "den Kopf der Schlange", der "abgehauen werden muß", will man die Schlang töten. Seitdem haben die polemischen Angriffe gegen den Dalai Lama groteske Proportionen angenommen. Mönche und Nonnen werden im Anschluß an die häufigen politischen Indoktrinationen gezwungen, die chinesische Version der Geschichte nachzuplappern und Kritik am Dalai Lama zu üben. Tibeter sowohl im Mönchs- als auch im Laienstand sind weiterhin von Verhaftung und Strafverfolgung bedroht, wenn sie mit der offiziellen Anti-Dalai-Lama Kampagne nicht konform gehen und beispielsweise gegen das Verbot der Aufstellung von Dalai Lama Photos und der Feier seines Geburtstages handeln.

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